Straßenfest und „Kümmerer“ im Quartier

8.7.2013

Seit sich die alte Werbegemeinschaft des Rather Einzelhandels unter dem Fähnchen „Wir in Rath“ neu formiert hat, organisiert sie ein Nikolaus- und ein Sommerfest. Rather finden es sicher originell, dass dabei der Nikolaus aus Schützen-Lokalprominenz Klaus-Peter D. besteht, der im selben Kostüm auch den Martin beim Umzug gibt. Ist, in Schokofigurendimensionen, ja alles fast dasselbe… Aber wo war ich? Sommerfest, nicht Nikolaus. Es war ein lustig gemachtes Fest, diesmal nicht vorn auf dem Hülsmeyerplatz sondern hinten auf den Parkplätzen von Sparkasse und Karosseriebauer. Hüpfburg, Tombola, Bierwagen. Herrliches Wetter, was in diesen Tagen ja nicht als selbstverständlich anzusehen ist.

Ein interessantes Gespräch hatte ich dabei mit einer Kümmerin. Genau, liebe Rechtschreibprüfung, da guckst du genauso wie ich das tat… Die Architektin Dorothee Linneweber von Haus-und-Grund ist „Kümmerin im Quartier“, ein Ehrenamtstitel der „Kooperation im Quartier KIQ„. Die KIQ wollen helfen, den Stadtteil attraktiver aussehen zu lassen. Ich finde ja, dass Rath schon immer besser war als sein Ruf, sich zudem in den letzten Jahren schon viel Gutes getan hat und eben mit „Wir in Rath“ auch schon eine Organisation zum Kümmern geschaffen ist, aber natürlich gibt es immer viel Arbeit. Man hat viel vor: „Die Marke Westfalenstraße beleben“, Bänke auf den Baumscheiben des Hülsmeyerplatzes aufstellen, eine Datenbank zum Leerstandsmanagement anlegen, Immobilienbesitzern bei der Energiesanierung beratend zur Seite stehen – man bemerkt die Handschrift von Architekten, den hohen Bezug zu Gebäuden, nicht zu Menschen.

Ich bin gespannt auf die Auswirkungen. Rath hat noch viel vor!


Primacall | Spreeblick

22.9.2011

Die Firma Primacall hat sehr, sehr großes Interesse daran, dass ein Interview, das Johnny Haeusler (vor vier Jahren, am 12.6.2007!) auf Spreeblick veröffentlicht hat, aus den Annalen des Web verschwindet. Der Streisand-Effekt suggeriert, das das nicht geschehen wird. Also, hier noch einmal das Interview, es ist im Netz ohnehin noch nicht zu knapp zu finden. (Anm.: Die fett kursiv gedruckten Passagen scheinen Primacall besonders unangenehm zu sein, sie wurden bereits in früheren Vergleichsversuchen neutralisiert. Klar, dass sie hier auch zu finden sind, das Internet vergißt nicht.)

Teilet und genießet.

Primacall ist ein in Berlin ansässiger Telekommunikationsdienstleister. Am 10. April 2007 unterschrieb Primacall auf Klage der Verbraucherzentrale Berlin eine Unterlassungserklärung. In dieser Unterlassungserklärung verpflichtete sich Primacall, „Privatpersonen ohne deren vorherige Einwilligung nicht mehr zu Werbezwecken anzurufen“. In der vergangenen Woche meldete sich bei uns ein Call Center Agent (CCA) von Primacall. Er behauptete, dass Primacall an der Praxis der Kaltakquise festhalte, also weiterhin Menschen durch sogenannte „Cold Calls“ belästige. Johnny und ich trafen uns mit ihm zum Gespräch.

Spreeblick: Wie bist du zu Primacall gekommen?
CCA: Nachdem ich von jemandem, der da selbst gearbeitet hat, auf der Straße angesprochen worden bin, ob ich nicht einen gut bezahlten, einfachen Job machen möchte, hatte ich dann einige Tage später mein Vorstellungsgepräch zusammen mit 5 anderen Leuten und habe erstmal in der Präsentation ein wenig über die Firma erzählt bekommen, die übrigens ausdrücklich über sich sagt, dass sie kein Callcenter ist, sondern ein Telefonunternehmen.

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Spreeblick: Die Firma ist ein Telefonunternehmen, aber du arbeitest innerhalb dessen in der Telefon-Abteilung?
CCA: Ja, sozusagen. Laut Firmenjargon wird meine Abteilung „Aktivierungsbereich“ genannt. Dort werden die Angerufenen „aktiviert“ für einen Rückruf, bei dem dann ein konkreter Vertrag zustande kommen soll.

Spreeblick: Und wie funktioniert diese Aktivierung?
CCA: Telefoniert wird anhand eines vorformulierten Skripts. Wir sollen das Gespräch führen und nicht etwa der Angerufene. Wir sollen möglichst streng nach diesem Skript wörtlich vorgehen, die Vorteile dieses Telefontarifs anpreisen, den wir ihnen verkaufen wollen.

Spreeblick: Darum geht es also – ihr wollt den Leuten einen Telefontarif verkaufen.
CCA: Ja, genau. Wir verkaufen den Leuten einen Tarif für 18,90 € monatlich, mit dem sie kostenlos ins Festnetz und vergünstigt in mobile Netze anrufen können. Dieser Tarif kommt jedoch zu den normalen Anschlussgebühren des Kunden hinzu.

Ziel eines jeden Telefonats ist die so genannte „Aktivierung“, die erreicht man im Schnitt nach 1 ½ bis 2 Minuten Telefonat. Die Aktivierung selbst ist der Mitschnitt, den ich per Knopfdruck am Ende des Telefonats starte.

Ich frage den Kunden nochmals nach seinem vollständigen Vor- und Zunamen, ob er damit einverstanden ist, dass wir ihn noch mal zurückrufen und schließlich, ob er damit einverstanden ist, dass unser Tarif vor jedem seiner Gespräche vorgewählt wird, damit er für 0 Cent pro Minute telefonieren kann. Das Ziel ist, dass der Mitschnitt lediglich aus diesen 3 Fragen und den dazugehörigen Antworten „Vollständiger Name, Ja, Ja“ besteht.

Dabei soll insgesamt der Eindruck vermieden werden, dass diese Vereinbarung unverbindlich ist, was es juristisch auf jeden Fall ist. Vielmehr soll bei den Angerufenen der Eindruck entstehen, dass der Vertrag in dem Moment schon geschlossen ist, obwohl das tatsächlich erst beim Rückruf der Fall ist.

In § 7 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb heißt es:

(1) Unlauter im Sinne von § 3 handelt, wer einen Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt.

(2) Eine unzumutbare Belästigung ist insbesondere anzunehmen

1. bei einer Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der Empfänger diese Werbung nicht wünscht;
2. bei einer Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung oder gegenüber sonstigen Marktteilnehmern ohne deren zumindest mutmaßliche Einwilligung;
3. bei einer Werbung unter Verwendung von automatischen Anrufmaschinen, Faxgeräten oder elektronischer Post, ohne dass eine Einwilligung der Adressaten vorliegt;

Spreeblick: In jedem Fall ruft Ihr an? Also Ihr werdet nicht angerufen, zum Beispiel auf Werbung hin?
CCA: Ja, das ist richtig. In der Tat ist es jedoch nicht so, dass der einzelne Telefonist anruft, sondern man sitzt an einem Arbeitsplatz, an dem man sich einloggt und an den dann ein Telefonat nach dem anderen weitergeleitet wird. Tatsächlich befindet sich dahinter eine Telefoniermaschine, die mithilfe eines Programms Nummern aus einem Datensatz, in dem sicher hunderte – vermute ich – Leute drinstehen, anruft und sobald am anderen Ende jemand abhebt, wird derjenige dann an einen freien Telefonisten vermittelt. Das heißt ich sehe erst, mit wem ich spreche, wenn derjenige schon abgehoben hat.

Spreeblick: Und wo kommen diese Daten her?
CCA: Woher Primacall diese Daten konkret hat, weiß ich nicht. Ich habe nur einmal mitbekommen, dass ein Kollege einen Teamleiter, der an sich kompetent genug sein müsste, diese Frage zu beantworten, gefragt hat, woher diese Daten eigentlich kommen und dieser hat geantwortet, sie kämen von einem Adressbroker und die Daten kämen von Leuten, die ein Abo haben oder mal bei einem Gewinnspiel mitgemacht und sich dort damit einverstanden gegeben haben, dass diese Daten weitergegeben werden. Was für Abos, Gewinnspiele und Adressbroker das sind, ist überhaupt nicht klar. Wir haben also nur diese Aussage des Teamleiters.

Was man vielleicht dazu sagen muss: Zu diesen Daten gehören nicht nur Name, Adresse und Telefonnummer, sondern in der Maske erscheint auch häufig das korrekte Geburtsdatum, das sind also Angaben, die tatsächlich jemand selber gemacht hat. Inwieweit er mit der Weitergabe seiner Daten einverstanden ist, kann ich nicht beurteilen.

Der Pressestelle der Verbraucherzentrale Berlin zufolge ist es für Teilnehmer an Gewinnspielen in der Regel unmöglich zu erkennen, dass sie der Weitergabe ihrer Daten zustimmen. Noch viel weniger sei es für sie abzusehen, in wessen Hände diese Daten geraten

Spreeblick: Gut, das kann schließlich immer sein, dass man an einer Stelle vergisst ein Kreuzchen zu machen oder ein Häkchen wegzuklicken.
CCA: Ich bin zwar kein Rechtsexperte, halte es aber prinzipiell für heikel, jemanden anzurufen, der nicht ausdrücklich gesagt hat, dass er von der und der Firma angerufen werden möchte. Die Menschen, mit denen ich spreche, müssten dann ja eine sehr weitgehende Erklärung abgegeben haben.

Spreeblick: Wird das denn intern mal thematisiert, dass es sich möglicherweise um Kaltakquise handelt?
CCA: Es wird halt als „Aktivierung“ bezeichnet. Das ist der gängige Begriff.
Was interessant daran ist: Bei einer Einverständniserklärung handelt es sich ja üblicherweise um ein Einverständnis, das eine einzelne Person einer bestimmten Firma oder Person gegenüber gibt. Was wir jedoch ausdrücklich als mündliche Anweisung bekommen, ist, dass wir auch in dem Fall, dass wir mit dem Ehepartner des Telefonanschlussinhabers sprechen, eine Aktivierung durchführen sollen, auch dann, wenn die Einverständniserklärung von einem Kind oder einem Elternteil des Anschlussinhabers stammt. Und für den Anschlussinhaber gilt nach meinem Verständnis eine solche Einverständniserklärung nicht.

„Gerade bei diesem Cold Calling kommt es eben darauf an, ob in der Einwilligungserklärung die entsprechenden Unternehmen genannt sind, oder nicht. Wenn sie nicht genannt sind, gehe ich davon aus, dass diese Einwilligungserklärung ungültig ist.“
Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz gegenüber Report München

Spreeblick: Wie ist die Firma hierarchisch aufgebaut? Kennst du den Chef, gibt es so etwas wie einen Betriebsrat?
CCA: Einen Betriebsrat gibt es nicht. Chef oder Vorstand kenne ich nicht, die in der Hierarchie höchststehenden, mit denen ich Kontakt habe, sind die Teamleiter, eine Hierarchiestufe über mir als Telefonisten. Was außerdem interessant ist: Ich habe meinen Arbeitsvertrag nicht mit Primacall abgeschlossen, sondern mit einer anderen Firma, der New Way Telecom GmbH. Die sind irgendwie etwas unsichtbar, stehen zwar im Handelsregister, aber mehr Informationen erhalten wir darüber nicht. Über Primacall hingegen findet man Blogbeiträge und Fernsehberichte.

Spreeblick: Wie habe ich mir denn insgesamt die Arbeitsbedingungen vorzustellen?
CCA: Dieser Aktivierungsbereich, in dem ich arbeite, erstreckt sich über eine ganze Etage, auf der an jedem Arbeitsplatz versucht wird, einen solchen Telefontarif zu verkaufen. Innerhalb des Aktivierungsbereichs gibt es einen größeren Raum mit zwei Arbeitskreisen und zwei kleinere mit jeweils einem Arbeitskreis, von denen jeder über 10 Arbeitsplätze verfügt, so dass man immer hören kann, was links und rechts gesprochen wird. Wenn man da während der Schicht reinkommt, ist das schon ein ziemliches Stimmengewirr.

Die Kollegen lernt man nur sehr langsam kennen. Es herrscht zwar eine ziemlich lockere Atmosphäre unter den Telefonisten, aber von den Teamleitern aus ist schon ein deutlicher Druck zu spüren. Die gehen im 30-Minuten-Takt rum und beobachten uns, machen sich Notizen, und wenn sie dann auf deiner Aktivierungsliste, auf der wir immer eintragen müssen, wenn wir einen weiteren Kunden aktiviert haben, die Zahl deiner bisher getätigten Aktivierungen sehen, dann schreiben sie dir eine Uhrzeit hin und eine Zahl.

Das soll besagen, dass du beispielsweise innerhalb der nächsten Stunde 3 Aktivierungen mehr getätigt haben sollst. Das sind meistens komplett unerreichbare Zahlen. Einmal habe ich es fast geschafft – da hatte ich bei Ablauf der Zeit nur eine Aktivierung zu wenig. Manchmal schreiben dir die Teamleiter auch so einen Spruch wie „Sie können das besser“ oder „Jetzt aber los“ auf deinen Zettel. Es gibt also schon Druck.

Außerdem gibt es in den Pausen regelmäßig Ansprachen. Während dieser Ansprachen wird dann beispielsweise gefragt: „Wer von ihnen hat denn heute schon über 15 Aktivierungen erreicht?“. Dann wird den zwei oder drei besten einzeln applaudiert, manchmal wird dann auch darauf eingegangen, wer denn erst eine oder zwei bis zur Pause geschafft hat. Denen wird dann gesagt, dass sie sich ranhalten sollen.
Eine Teamleiterin meinte wörtlich: „Bevor wir hier nicht einen Durchschnitt von 10 Aktivierungen haben, geht mir heute keiner nach Hause.“ Dieser Durchschnitt wurde nicht erreicht, es gab allerdings keine Konsequenzen.

Mir ist es auch mal passiert, dass ich nach 2 Stunden erst 2 Leute aktiviert hatte. Ich musste mich dann neben einen „erfolgreicheren“ Kollegen setzen, der mir Tipps geben sollte. Und einmal habe ich mitbekommen wie zwei Teamleiter zusammen mit einem Telefonisten gesprochen haben und gefragt haben „Ja, warum sind Sie denn so schlecht? Woran liegt das bei Ihnen? Sie sind ja hier das schwächste Glied in der Kette!“

„[…] das globale Wirtschaftssystem […] basiert auf der strukturellen Überforderung.
Es scheint, als gebe es keine Räume jenseits des Geldverdienens. Die Anforderungen sind nie abgeschlossen, der Wettkampf ist nie zu Ende. Was bleibt vom Subjekt? Der Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit.“
Ernst-Wilhelm Händler in der SZ

Spreeblick: Kennen die Angerufenen eigentlich Primacall?
CCA: Zumindest die Leute, die ich bisher angerufen habe, haben noch nie etwas von Primacall gehört. Es sind viele dabei, die aufgrund der ersten paar Sätze denken, wir seien von der Telekom.

Spreeblick: Das ist auch nachvollziehbar. Denn am Anfang des Gesprächsleitfadens heißt es: „Sind Sie Telekomkunde?“ – „Wunderbar, dann berate ich Sie jetzt kurz über unseren Spartarif.“ Das legt nahe, du riefest als Angestellter der Telekom an. Du sagst zwar im allerersten Satz: „Ich rufe im Auftrag der Primacall an“, aber dieser Abschnitt allein suggeriert etwas anderes.
CCA: Genau. Das ist zwar nicht das einzige Mal, dass der Firmenname auftaucht, allerdings kann der Name Primacall durchaus als Bezeichnung für einen Spartarif gehalten werden. Nur in der Gesprächseröffnung ist Primacall im Zusammenhang als Firmenname erkennbar. Psychologisch ist das ein Moment, zu dem der Angerufene noch gar nicht aufmerksam zuhört.

Aber auch wenn ich den Eindruck habe, dass der Angerufene annimmt, ich sei von der Telekom, jedoch nicht explizit nachfragt, dann bin ich angehalten, dieses Missverständnis nicht aufzuklären. Wenn der Angerufene aber so etwas sagt wie: „Aber ich bin mit der Telekom ja überhaupt nicht zufrieden“, dann sollen wir natürlich sofort einschreiten und uns als unabhängiges Unternehmen identifizieren.

Spreeblick: Wie sind denn normalerweise die Reaktionen von den Angerufenen?
CCA: Innerhalb einer Schicht von 5 Stunden rufe ich ungefähr 200-250 Menschen an und bringe es auf ungefähr 4-6 Aktivierungen. Es gibt jedoch auch Mitarbeiter, die bis zu 10 Aktivierungen schaffen, ein paar wenige sogar bis zu 20. Diejenigen, die schon länger dabei sind, bekommen jedoch auch mehr Telefonate zugestellt als ich.

Ich habe zwischen den Telefonaten noch ein wenig Zeit, mich zu sammeln. Die Profis kriegen wirklich ohne Unterbrechung ein Gespräch nach dem anderen rein. Die meisten Angerufenen aber haben Bedenken, Einwände, mit denen diskutiere ich dann eine Weile rum, die legen dann auf. Es sind jedoch ganz wenige, ganz grob geschätzt vielleicht 50/60 von den insgesamt 200-250 Angerufenen im Rahmen einer fünfstündigen Schicht, die sofort, nachdem sie erfahren haben, worum es geht, deutlich sagen, dass sie nicht interessiert sind und auflegen. Die meisten lassen sich auf eine Diskussion ein, die auf einem deutlich ungleichen Informationsverhältnis basiert.

Neben dem Gesprächsleitfaden haben die CCAs auch noch einen Merkzettel, auf dem die „Einwandbehandlung“ festgehalten ist. Dort sind die statistisch gesehen häufigsten Einwände vermerkt samt entkräftenden Argumenten, die angebracht werden sollen.

Spreeblick: Es sind also tatsächlich so wenige dabei, die von vornherein sagen „Lassen Sie mich in Ruhe“. Das hätte ich nicht gedacht.
CCA: Ja. Dabei spielt aber auch eine Rolle, dass unter den Angerufenen selten junge Leute sind. Es werden zwar nicht gezielt Rentner angerufen, aber angesichts des Bevölkerungsdurchschnitts, der nun mal alt ist, spreche ich öfter mit älteren Menschen. Es sind noch weniger Menschen, die auf meinen Anruf hin sagen „Das, was Sie machen, ist doch illegal“ oder „Ich habe Ihnen doch gar kein Einverständnis gegeben, dass Sie mich anrufen“, also Menschen, die ahnen, dass es sich um Cold Calls handeln könnte.

Spreeblick: Aber das kommt schon vor?
CCA: Verdammt selten. Ich habe bisher erst mit ungefähr 8, 9 Leuten gesprochen, die dieses Bewusstsein an mich herangetragen haben. Schade ist, dass die meistens unheimlich hysterisch werden oder sagen „Das, was Sie machen, ist doch illegal!“ und einfach auflegen. Nur bei 2 oder 3 Leuten habe ich den Eindruck gehabt, dass sie auch weitere Schritte einlegen, um dagegen vorzugehen. Die haben meinen Namen notiert und den der Firma.

Spreeblick: Warum hast du dich eigentlich konkret an uns gewendet?
CCA: Das kam so: Ich hab vorher gedacht, dass es sich um einen sauberen Job handelt, dass ich mit Leuten spreche, die in einem Kundencenter anrufen und war dann nach meinem ersten Arbeitstag schon ziemlich desillusioniert, wie durchindustrialisiert die Arbeit ist. Wie am Fließband. Und andererseits ist mir mehr aufgefallen, wie falsch die Leute mit solchen Anrufen umgehen, denn der einzige richtige Umgang wäre zu sagen „Ich bin nicht interessiert, rufen Sie mich nie wieder an“ und aufzulegen. Das begegnet mir aber so unglaublich selten, dass ich mir gedacht hab, dass man die Leute darüber informieren muss. Deshalb bin ich an Spreeblick herangetreten.

Spreeblick: Und doch sicher auch, um die Leute darüber zu informieren, dass man darauf aufpassen sollte, ob und unter welchen Bedingungen, man seine Daten freigibt.
CCA: Ja, genau. Damit vielleicht die Spreeblickleser, die ja selbst sicher gut informiert sind, diese Problematik vielleicht auch mal in ihrem Umkreis thematisieren.
Ich wollte noch zusammenfassen: Es gibt prinzipiell 3 mögliche Ausgänge eines Telefonats: „aktiviert“, „nicht erreicht“, in dem Fall, wenn man beispielsweise das Kind am Apparat hatte.

Diese Nummer wird dann in der nächsten Schicht noch mal angerufen, oder „storniert“, für die Fälle, in denen der Angerufene sagt, er sei nicht interessiert und auflegt. Wir haben den Eindruck vermittelt bekommen, dass diese „stornierten“ Daten komplett aus dem Datensatz gelöscht und nicht mehr angerufen werden. Eine direkte Möglichkeit, jemanden aus der Datenbank zu entfernen, wozu ich von Angerufenen auch schon aufgefordert wurde, habe ich über dieses „Storniert-Knopf“ hinaus nicht. Ob die wirklich gelöscht werden, kann ich nicht genau sagen. Ich habe nur einmal gehört, dass ein Teamleiter auf mehrmaliges Nachfragen eines Kollegen geantwortet hat, dass einige dieser „stornierten“ Nummern nach ein paar Monaten erst noch mal angerufen werden.

Das klingt dann schon nach Cold Call, meiner Ansicht nach. Und erst recht die Anweisung, die wir auch ausdrücklich mündlich bekommen, sei es von anderen Telefonisten oder auch Teamleitern: Wenn wir jemanden am Apparat haben, der nicht der Inhaber des Anschlusses ist, von dem die Daten stammen, zum Beispiel der Nachmieter, der den Anschluss übernommen hat oder einfach jemand, der sagt, dass wir uns verwählt hätten, dann sollen wir sagen „Nein, verwählt gibt´s nicht, wer sind Sie denn?“ oder „Wessen Anschluss ist das denn hier? Ich habe nämlich ein gutes Angebot für Sie.“ Dieser Angerufene hat ganz eindeutig nie ein Einverständnis darüber abgegeben, dass er angerufen werden möchte.


Angriffskriege sind selten klug

25.3.2011

Was fängt er jetzt wieder mit Angriffskriegen an, es war ja wohl kaum ein Angriffskrieg, den Libyern unter die Arme zu greifen bei dem Versuch, sich ihres ungeliebten Führers zu entledigen?

Nun, was dann? Es ist ein alter Grundsatz, sich nicht in die inneren Angelegenheiten eines Landes einzumischen, üblicherweise auch dann nicht, wenn man klare persönliche Sympathien für eine der Seiten hat. Wir tun es nicht in Nordkorea, nicht im Iran, und wir sehen heute, daß es nicht klug war, es im Irak zu tun. Wir haben es in Ägypten nicht getan – und jetzt in Libyen soll es richtig sein?

Westerwelle – den ich wahrlich nicht schätze! – muß sich verantworten, weil er das nicht unterstützen wollte?

Wir haben einen gewissen Erfahrungsschatz damit, wo uns diese Einmischungen hinbringen, Afghanistan und Irak sind offene Baustellen, an denen wir noch lange „zu knapsen“ haben werden. Sie sind auch Beispiele dafür, daß es nicht reicht, daß wir insgesamt nicht unrecht hatten, daß dort jetzt bessere Orte sind als vorher (jedenfalls mit unserem Wertekompass gemessen). Wir haben uns die inneren Angelegenheiten dieser Länder zu eigen gemacht, und jetzt, wo wir da „mal aufgeräumt haben“, würden wir am liebsten wieder gehen. Aber dieses exportierte, oktroyierte Wertesystem hat dieselben Probleme wie unsere Entwicklungshilfepolitik: Solch einmaliges Aufräumen kann nicht verhindern, daß danach alles wieder ins Vorherige zurückfällt – oder, schlimmer gar, ins gegenteilige Extrem. Statt uns für unser „Aufräumen“ zu danken, haben wir neue Feinde gewonnen. Nun raten wir mal, was diesmal passieren wird.


Wes Brot ich eß, des Lied ich sing?

15.2.2011

Auch nach diesem kalten Winter kam es noch einmal hoch, in der aktuellen Ausgabe der Obdachlosenzeitung fiftyfifty: Da hatte es dem blonden Guido mal gefallen, im letzten kalten Winter war es, „Hartzer zu Schneeschippen“ zu fordern, also man könne als Staat, der sie ja ernährt, doch wohl die arbeitsfähigen Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt dazu zwangsverpflichten, die Bürgersteige vom Schnee zu befreien, morgens um vier, bevor die Bürger zu steigen beginnen. Das wäre doch quasi auch eine schöne Betonung des Unterschieds vom Hartzer zum Bürger.

Aber kann man? Nun, im ersten Moment mag es gar nicht so fern liegend erscheinen, daß der Ernährer über den Abhängigen auch eine gewisse Verfügungsgewalt erhalte. „Solange du deine Füße unter meinem Tisch hast…!“ funktioniert in der Beziehung gestrenger Väter zu aufmüpfigen Teenagern doch auch. Und so etwas wie Dankbarkeit, wie auch den Willen, das Erhaltene zu vergelten, darf man als Gebender tatsächlich erwarten.

Ein Recht darauf gibt es aber nicht.

Ein Recht gibt es umgekehrt auf Sozialleistungen, auf das Wohlfahrtsprinzip, es ist in unserem Grundgesetz verankert. Und Grundrechte sind nicht an Gegenleistungen geknüpft. Frondienste, die der Gutsherr vom Bauern verlangen durfte, Leibeigenschaft, gehören in eine andere Zeit. Sozialhilfe erhält, wer sich nicht anders zu helfen weiß (ein Zustand, in dem sicher die wenigsten freiwillig verharren), ein Recht des Staates, Gegenleistungen zu verlangen, gibt es nicht. (Sonst wäre ja auch nicht einzusehen, wenn man schon Härte zeigt, warum man sich auf die arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger beschränken sollte. Arbeit adelt jeden, auch den Schwachen, das hat man vor 70 Jahren auch schon mal gezeigt.)

Zwangsverpflichten fällt also flach. Aber wie ist es mit ein wenig Druck? Ein arbeitsfähiger Hartz-IV-Empfänger muß jede zumutbare Arbeit annehmen, das kann die Agentur für Arbeit von ihm verlangen. Schneeschippen ist nicht per se unzumutbar, ich als Erdgeschoßmieter muß es auch tun. Damit eine Arbeit zumutbar wird, muß sie aber angemessen vergolten werden, und das hatte Westerwelle gar nicht im Sinn, er meinte eben, den Lohn in der Form der Sozialhilfe bereits geleistet zu haben.

Andersrum wird ein Schuh draus: Macht man dem Hilfsempfänger ein angemessenes Angebot – in einem angemessenen Angebot kommen die Worte „Mindestlohn“ und „Nachtzuschlag“ vor – dann wird sicher mancher bereitwillig darauf eingehen, denn ich glaube fest an den Arbeitswillen der Empfänger. Nur hätte Westerwelle eine solche Rechnung natürlich ohne die Kommunen gemacht, die ja eigentlich nur noch im Kalauerpack mit dem Adjektiv klamm geliefert werden, und die sich schön bedanken werden, wenn der Bundesaußenminister sich in Landesinnenangelegenheiten einmischte und Verfügungen über ihre Finanzen träfe. Also wird es nichts mit dem schippenden Hartzer vor meiner Tür, und ich, der Bürger, muß weiterhin selbst raus. Wozu ich unter diesen Umständen gern bereit bin.


Wozu braucht eigentlich die Bundeswehr…?

30.6.2009

Wozu braucht eigentlich die Bundeswehr einen BMW Z5? Da in der Nähe unserer Wohnung eine Standortverwaltung liegt, sehe ich häufiger deren Fahrzeuge in unserer Straße (ich erwähne das nur deshalb, weil es eine Anliegerstraße ist…), so eben auch insbesondere einen silberfarbenen BMW Z5, komplett mit Eisernem Kreuz und Y-Kennzeichen.

BMW Z5

BMW Z5 (Symbolfoto)

Und ich frage mich schon, wie kann das angehen? Wie kann es sein, daß aus unseren Steuergeldern eine automobile Penisverlängerung finanziert wird, während unsere Soldaten in Afghanistan in persönlicher Lebensgefahr schweben, weil sich für ihre Ausrüstung in demselben Geldertopf nur unzureichende Mittel finden?


Unzufriedenheitsweltmeister

27.2.2009

Gerade schaue ich mir die aktuelle Infratest-Dimap-Umfrage der Tagesschau an. Sie enthält für mich verblüffende Fragen (wenn auch vorhersehbare Antworten). „Sind Sie zufrieden mit der Arbeit von Merkel, Stein-A und Stein-B, Müntefering?“ geht ja noch, verblüffend nur, daß Merkel und Peer, die beiden, die unsere Konjunktur am Reparieren sind, an Beliebtheit zulegen, obwohl gleichzeitig ihre Maßnahmen von denselben Befragten als nicht die richtigen bewertet werden („Konjunkturpaket ist kein wirksames Mittel“ 60%, „Bundesregierung hat den Überblick verloren“ 52%).

Es geht aber weiter: „Sind Sie zufrieden mit der Arbeit von Barack Obama?“ – Na klar, der Mann ist erst ein paar Tage im Amt, und schon soll man sich darüber ein Urteil bilden können? Vor allem aber geht es hier los mit der Gegenfrage: Wieso haben wir das zu beurteilen? Bin ich vielleicht noch im weitesten Sinne der Personalchef von Angela Merkel, denn ich bin ja ihr Souverän, so habe ich doch mit dem Präsidenten der USA nichts zu tun!

Dazu paßt der nächste wie die Faust aufs Auge: „Sind Sie zufrieden mit der Arbeit des Papstes?“ – Bin ich was? Bin ich wer? Gott? Denn der ist ja wohl dessen Zufriedenheitsverantwortlicher, nicht ich, das hier repräsentativ befragte deutsche Volk, zur Hälfte nicht einmal katholisch.

Dann wirft man uns vor, zu allem eine Meinung und von nichts eine Ahnung zu haben, aber was bleibt uns bei solchen Multiple-Choice-Befragungen denn übrig? Wer so suggestiv fragt, kriegt eben eine dumme Antwort…


Chance für die Tante SPD

3.11.2008

Die Nachricht des Tages, daß Ypsilanti „es“ in Hessen doch nicht tun wird können, hat mich zum spontanen Eintritt in die SPD bewogen.

In letzter Zeit hatte die gute alte Tante SPD, der meine grundsätzlichen Sympathien von Kindesbeinen an gehören, mit ein paar schweren Schlägen zu kämpfen, und jedesmal dachte ich über ein trotziges „jetzt erst recht“ nach. Dieses Mal tat ich es. Ich bin überzeugt, daß diesmal der Augenblick der beste ist. Trotz aller Schwierigkeiten ist die SPD jetzt mit Müntefering/Steinmeier und ohne Beck besser aufgestellt als je, und das unsägliche Linksdings in Hessen, wenn es jetzt vom Tisch ist, wird bald vergessen sein.

Verstehen wir uns richtig, auch ich hätte mir sehnsüchtig gewünscht, Herrn Koch abserviert zu sehen – nur eben nicht um jeden Preis. Das hat Ypsilanti falsch verstanden. Jetzt hat man es ihr klargemacht – die Art war auch wiederum unerträglich, aber egal, das ist politisches Tagesgeschäft und bald vergessen. Wäre es zum Linksbündnis gekommen, hätte es uns dagegen jeden Tag verfolgt.


Zuviel der Dekadenz

23.10.2008

Gleich zweimal begegnete mir in den letzten Tagen der Einwurf von Politikern aus der Rathausriege, ein Vorschlag sei „dekadent“. Beim ersten Mal ging es um die Straßenbeluchtung eines Hundeauslaufplatzes, beim zweiten um Luxusstellplätze in einer Quartiersgarage.

Der Hundeauslaufplatz sei der beliebteste der Stadt, und werde von Hundebesitzern frequentiert, die auch nach Einbruch der Dunkelheit Gassi gingen, und auch die hätten ein Sicherheitsbedürfnis, hieß es zur Begründung, warum eine Beleuchtung dieses Platzes nötig und angemessen sei. Einwurf der Gegenmeinung, „Straßenbeleuchtung für Hunde“ sei „dekadent“. Und die extrabreiten, bewachten Quartiersgaragenstellplätze zu 420 €/Monat fänden gute Abnahme. – „Dekadent“.

Nun ist Dekadenz so eine Worthülse, eines der weniger nützlichen Werkzeuge aus dem Werkzeugkasten der guten alten Tante SPD, sie ist den Grundsätzen des Marktes zuwider, alles, für das sich eine Nachfrage findet (im Rahmen der Gesetzeslage), auch anzubieten, und ihr Einfluß auf einen behaupteten Niedergang unserer Gesellschaft liegt definitiv im Auge des Betrachters.

(C) Fritz-Ulrich Siewert, FlickrIch fühlte mich da vielmehr spontan bemüßigt darauf hinzuweisen, daß sowohl die Hunde als auch ihre Besitzer Steuerzahler sind, daß sie sich an speziell diesen Orten nur aufhalten, weil man ihnen den Auslauf anderswo verboten hat, daß es sich damit um den ihnen zugewiesenen öffentlichen Raum handelt, und warum dann bitteschön die öffentliche Hand gerade hier nicht die Aufgabe haben solle, diesen öffentlichen Raum auch zu beleuchten. Des weiteren war ich sofort bereit, ein kleines Denkmodell zu kreieren, das vielleicht einen ökologischen Nutzen stiften könnte, ohne den eigentlichen Nutzen allzu stark einzuschränken: nämlich eine druckknopfgesteuerte Bedarfsbeleuchtung. Der umzäunte Platz lädt gerade dazu ein, an seinem Eingang einen normalen Ampelknopf anzubringen, der dann für, sagen wir, zehn Minuten bis eine Viertelstunde Licht bringt. Damit ist gewährleistet, daß das Licht nicht den an einem regnerischen Abend menschenleeren Platz zum Spaß beleuchtet, die Anschaffungskosten bleiben zwar, erhöhen sich aber immerhin auch so gut wie nicht, und die laufenden Kosten dürften signifikant sinken.

Und spätestens der Luxusparkplatz ist nun wirklich ein ganz klarer Fall von Angebot-und-Nachfrage: wird er angenommen, und zahlt sein Nutzer den angemessenen, kostendeckenden Preis, dann warum bitteschön nicht?


Wahl: Ein Optiker und zwei Friseure

11.8.2008

Wahlen stehen an in Düsseldorf. Nach dem Tod des Oberbürgermeisters im Amt ist dasselbe neu zu besetzen. Die beiden Kandidaten, die uns auf Plakaten angucken, haben offensichtlich den gleichen Optiker – beide setzen auf minimalistische, randlose Glasbausteine. SPD-Frontfrau Kortmann hat dabei den besseren Friseur, während Elbers‘ Haarhelm von der Art ist, die zu Karikaturen einlädt.

Elbers ist ein Scheinriese: Er ist wahlweise kleiner als fußballspielende Kinder, größer als nette alte Damen und ungefähr zweidrittel so groß wie der Turm von St. Lambertus, jedenfalls, wenn man den Wahlplakaten seiner Partei glauben will. Kortmann ist übrigens, im richtigen Leben, relativ klein, auf Wahlplakaten aber sowieso nur ein Gesicht, denn sie muß sich erst bekannt machen. Elbers dagegen muß sich den Vorwurf gefallen lassen, er nutze das Amt – er ist ja schon Bürgermeister, und muß nur noch den „Ober“ auf dem zweiten Bildungsweg nachmachen – dazu aus, sich in den Vordergrund zu rücken und reiße alle öffentlichkeitswirksamen Termine an sich. Leider wirkt er dabei nicht staatstragend, sondern sieht ein bißchen aus wie ein großer Junge, der noch zu Hause bei Mutti lebt.

Trotz der persönlichen Vor- und Nachteile der Kandidaten ist die Wahl vermutlich schon entschieden: Elbers dürfte sie gewinnen, es bleibt nur die Frage, mit welcher Eindeutigkeit; die Kandidaten der kleinen Splitterparteien sind ohnehin nur Randfiguren, die schon dafür Spott auf sich ziehen, es überhaupt versucht zu haben.

Mir will irgendwie nicht in den Kopf, wieso wir uns diese Wahl überhaupt antun müssen. Eine Stellvertreterregelung haben doch die meisten politischen Ämter, einen Vizekanzler, einen Vice President, da kann Elbers nicht als Vize-OB das Amt kommissarisch halten? Schon 2009 stehen die Kommunalwahlen sowieso wieder an. Und stellen wir uns nur einmal vor, Kortmann gewänne den Titel der OB für die SPD, so hätte sie mindestens für diese Zwischenperiode ein Amt ohne Mehrheit – welche Chancen hätte sie da überhaupt, in der kurzen Zeit irgendeine eigene Veränderung einzubringen? Volkes Wille, fürchte ich, ist das nicht.


Neonazis gegen Moschee in Rath

3.8.2008

In Rather Briefkästen findet sich heute ein besonders häßliches Flugblatt der NPD, das gegen den Bau einer Moschee in Rath hetzt. Neben sehr unangenehm „völkischen“ Phrasen und keinerlei neuen Fakten ziert das Flugblatt eine wirklich widerliche Karikatur, die mit der Neonazi-Sichtweise ethnischer Merkmale spielt.

Meines Wissens geht von der NPD in Düsseldorf insgesamt keine große Gefahr aus, in Rath ist sie sicher nicht speziell vertreten, anders als es der Text des Flugblatts suggeriert. Vor allem aber glaube (hoffe) ich, daß ein solcher Schuß übers Ziel hinaus einen eher gegenteiligen Effekt auf die Sache der Moscheegegner hat: Diejenigen, die sich z. B. in der Bürgerinitiative (deren Website ist übrigens offline) formiert haben und sich selbst noch als „anständige Bürger“ titulieren würden, dürften eher wenig begeistert davon sein, plötzlich mit den Neonazis in einer Ecke zu stehen.

Wer wirklich auf einen ausgewogenen Stadtteil aus ist, und wer die Fakten kennt, z. B. daß die marokkanische Gottesdienststätte in Rath schon lange, friedlich und problemlos existiert und jetzt nur ein paar Häuser weiter zieht, der wird wissen, was er von einem Auftritt der NPD in Rath zu halten hat.