Vorgestern schon stand es in der Rheinischen Post, gestern griffen es die Blätter mit den größeren Buchstaben auf: Ein junger Hartz-IV-Empfänger, der bei seiner Mutter lebte, sei verhungert, die Mutter ebenfalls gefährlich unterernährt. Sie habe, sagt sie, kein Geld für Essen gehabt.
Unser Sozialgesetzbuch sagt, daß die Grundsicherung das Überleben und die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gewährleisten solle. Es gab in letzter Zeit einige Diskussionen, ob das Letztere unter den stetig weiter verschärften Bedingungen von Hartz IV noch möglich sei (die Grundsicherung beträgt 345 €).
Aber kein Geld für Essen? Physisch verhungert? Man denkt an Afrika, über den Hunger in Äthiopien war es zeitweise sogar politisch korrekt, Witze zu machen, an Teile Asiens, die sprichwörtliche Schale Reis. Man denkt, zurück in Deutschland, an Drogensüchtige, die ihre „Stütze“ am ersten Tag schon gespritzt haben, an Obdachlose, die der Arm des Sozialamts gar nie erreicht. Kann man von 345 € überleben? Oh ja, das habe ich während des Studiums vorübergehend auch geschafft. Mit „Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft“, obwohl das manchmal nicht so prickelnd war, ist ja auch definitionsbedürftig.
Um sich eine abwechslungsreiche Kost zu gönnen, braucht man Obst, Gemüse, Brot, Kartoffeln/Reis/Pasta, in unserem Kulturkreis gern mal Fleisch. Dazu Wasser, Säfte, Milch, in unserem Kulturkreis gern mal in Maßen Alkohol, mit allem zusammen hat man schon praktisch alles abgedeckt. Für Bio, Filet oder argentinische Steakhüfte wird es nicht reichen, nicht mal in der Werbung, aber Brokkoli, Paprika, und auch ein Schnitzel ab und zu sollte drin sein. Um nicht zu verhungern, braucht man ein Pfund Nudeln von Aldi für 29 Cent, packen wir noch eine Konserve Tomaten für weitere 29 Cent dazu, dann haben wir eine Mahlzeit für eine vierköpfige Familie. Es tut mir leid, es scheint mir schier unmöglich, unter diesen Umständen, sprich bei den unglaublich niedrigen Lebensmittelpreisen in Deutschland, zu verhungern.
Bleibt als einzige Erklärung eine gefährliche Intelligenzsenke, a. k. a. Dummheit. Wer mit seinem Geld nicht haushalten kann, obwohl er ansonsten gesund ist, der mag das schon schaffen – aber ist es dann Staatsauftrag, diesen vor sich selbst zu retten?